englisch: beryl | französisch: béryl
Beryll - Ein kristallklarer Edelstein
Der Name Beryll stammt ursprünglich aus dem Altgriechischen (béryllos) und wurde mit mit klarer Kristall übersetzt, weshalb lange Zeit alle farblosen Mineralien unter dem Begriff Beryll zusammengefasst wurden, ohne dass zwischen einzelnen Mineralien unterschieden wurde. Aus dem Wort Beryll entwickelte sich später im Mittelhochdeutschen das Wort Brille.
Eine der ältesten Beschreibungen des Begriffs Beryll geht auf den römischen Universalgelehrten Plinius dem Älteren (23 bis 79 n. Chr.) zurück, der in seinem Werk „Naturalis Historia“ (Naturgeschichte) über Beryll schreibt, aber auch flämische Botaniker, Chemiker und Mineraloge Anselmus de Boodt (1550 bis 1623) beschreibt 1609 verschiedene Berylle in seinem Buch „Gemmarum et Lapidum“ (Edelsteine und Steine).
Eigenschaften von Beryll
Unter dem Namen Beryll wird in der Mineralogie kein bestimmtes Mineral definiert, sondern eine Gruppe von Mineralien zusammengefasst, die über eine vergleichbare chemische Zusammensetzung verfügen: die Beryll-Gruppe; kurz Beryll – genau wie bspw. Olivin, Quarz und Granat die Bezeichnungen für eine Gruppe von Mineralien sind.
Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde der Begriff Beryll als Synonym für das Mineral Aquamarin verwendet (siehe Schröter, 1779 und Blumenbach, 1802), während Smaragd als eigenständiges Mineral behandelt wurde und die übrigen Beryll-Varietäten nur als Ergänzung des farblichen Repertoires von Beryll am Rande erwähnt wurden.
Chemisch betrachtet bestehen Berylle aus Be3Al2(SiO3)6/Aluminium-Beryllium-Silikat, wobei die Zusammensetzung innerhalb der Beryll-Gruppe geringfügig variiert, alle Berylle dennoch Vertreter der Mineralklasse der Silikate sind.
Bereits 1698 erkannte Christoph Enceli, dass die Beryll-Gruppe aus mehreren Mineralien besteht: „... vielerley Gattungen des Berylls...“. Heutzutage wird die Beryllgruppe durch folgende Mineralien repräsentiert:
Berylle kristallisieren dem hexagonalen Kristallsystem folgende und bilden prismatische, tafelige und längsäulige Kristalle, die häufig parallel verlaufende Längsstreifen, sog. Riefen, zeigen oder den Worten des Mineralogen Max Bauer (1844 bis 1917) zufolge, bildet Beryll "ziemlich langgezogene sechsseitige Prismen mit glatten Flächen, deren Endbegrenzung in vielen Fällen (...) allein durch die gerade Endfläche gebildet wird". Die Aggregate von Beryll sind massig, körnig oder stängelig.
Beryll zeichnet sich durch einen muscheligen Bruch sowie eine unvollkommene Spaltbarkeit aus. Der Glanz von Beryll ist glasartig bei durchsichtiger, durchscheinender bis undurchsichtiger Transparenz.
Die Mohshärte von Beryll beträgt 7,5 bis 8 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem deutschen Mineralogen Carl Friedrich Christian Mohs und erfüllt damit das Kriterium der Edelsteinhärte (über Mohshärte 7). Die Dichte von Beryll schwankt zwischen 2,6 bis 2,9 g/cm³.
Die Farbe von Beryll
Berylle sind farbenfrohe Mineralien, deren Farbe bzw. deren Entstehung auf verschiedene Elemente und Verbindungen im Kristallgitter der jeweiligen Beryllvarietät zurückzuführen ist, wobei der farblose Goshenit als Beryll in der Reinform gilt.
Wilhelm Kleefeld (1825 bis 1905) fasste die Farbvielfalt von Beryll schlicht zusammen: die "Farbe variirt von Wasserhell durch gelb und blau nach grün". Rosafarbene oder rote Varianten von Beryll fanden in der Vergangenheit kaum bis wenig Beachtung. Zusätzlich wurde Beryll der Farbe nach "Gemeiner Beryll" und "Edler Beryll" unterschieden - ausschlaggebend war die Farbe und Reinheit. Diese Einteilung ist historischen Gemmologen und Goldschmieden zu verdanken, die kristallklare und farblich intensive Steine gegenüber der B-Ware bevorzugten. Das Merkmal von Gemeinen Berylle ist laut Bauer "ihre meist gelblich- oder grünlichweisse Farbe, die stets unansehnlich ist". Als Edlen Beryll definierte er 1896 "nur die durchsichtigen oder doch stark durchscheinenden" Steine in blau, grün und gelb.
Teilweise gibt der Name einiger Beryll-Mineralien bereits Aufschluss über die Farbe.
Im Fall von Goldberyll und Roter Beryll ist die Farbe auch im Deutschen selbsterklärend. Aquamarin wird aus dem Lateinischen mit Wasser des Meeres übersetzt; Christoph Enceli beschrieb die Farbe von Aquamarin 1698 wenig charmant als „Meergrün mit untermengten Schimmel- und Himmelblau“. Smaragd hingegen wird aus dem Griechischen mit grün übersetzt.
Eine Besonderheit ist der so genannte Grünkopf-Beryll (auch Greenkoppberyll oder Kappenberyll). Dieser stammt aus dem berühmten Fundgebiet im Erongogebiet in Namibia und ist geprägt durch seine grünliches oberes Ende. Diese polychromen Berylle sind bei Mineralien- und Edelsteinsammlern sehr begehrt und nur selten zu erhalten.
Mitunter überschneiden sich die Farben innerhalb der Beryllgruppe, sodass Roter Beryll mit Pezzottait und Rosterit mit Goshenit verwechselt werden kann – Aufschluss, um welches Mineral es sich tatsächlich handelt, deckt die gemmologische Untersuchung (u.a. Bestimmung der Zusammensetzung, Refraktionsindex) auf.
Mineral | Farbe |
---|---|
Aquamarin | hell- und mittelblau bis blaugrün - Blauer Beryll |
Goldberyll/Heliodor | hellgelb, zitronengelb, goldgelb bis gelbgrün |
Goshenit | farblos |
Morganit | rosa, lachsfarben, hellviolett bis pfirsichfarben – Rosa Beryll |
Rosterit | farblos bis hellrosa |
Pezzottait | rot, reinrot, orangerot oder himbeerfarben - Himbeerberyll |
Roter Beryll/Bixbit | rot, rosa, intensiv pink oder rotblau bis nahezu violett |
Smaragd | grün – Grüner Beryll |
Vorobieffit | farblos bis blau |
Die Strichfarbe von Beryll – die Farbe, die entsteht, wenn ein Mineral über eine unglasierte Porzellantafel (Strichtafel) gestrichen wird – ist trotz der Farbvielfalt immer weiß.
Farb- und Reinheitskorrektur von Beryll
Mineralien und Edelsteine, die zu Schmuck verarbeitet werden, werden oftmals einer „Schönheitsbehandlung“ unterzogen, um bspw. die Farbe zu intensivieren, korrigieren oder gänzlich umzufärben. Aber auch die Verbesserung der Reinheit steht im Fokus. Einschlüsse von anderen Mineralien, Gasen oder Flüssigkeiten beeinträchtigen die Reinheit vieler Mineralien.
Ein Verfahren, das bei vielen Mineralien zwecks Farbverbesserung Anwendung findet, ist das Brennen. Die Steine werden auf eine individuelle Temperatur erhitzt mit der Folge, dass es zu chemischen Vorgängen oder der Neuanordnung der Atome in den Kristallen kommt, die sich in einer anderen, kräftigeren oder gleichmäßigeren Farbe äußern.
Bei Beryllen wird diese Methode nur bei Aquamarin und Morganit angewendet, insofern grün- oder gelbstichige Nuancen von Aquamarin bei einer Temperatur von 400 °C in das typische Aquamarinblau umschlagen, genau wie sich farbloser bis gelbstichiger Morganit bei 400 °C in das begehrte Rosa umfärben lässt.
Smaragde hingegen können strukturbedingt nicht gebrannt werden. Aufgrund der Entstehung weist Smaragd zahlreiche interne Fissuren, Risse, auf, die wirken, als würden in den grünen Kristalle feines Moos oder andere filigrane Pflanzen gedeihen – die sog. Jardins. Würde ein Smaragd nun erhitzt werden, riskiert man, dass das Mineral zerspringt.
Stattdessen wird eine andere Methode angewendet, um die Farbqualität von Smaragd zu optimieren – und dabei gleichzeitig mehr Härte/Robustheit zu erreichen: die Steine werden mit farblosem oder eingefärbtem Wachs, Öl, Harz oder Paraffin ummantelt, die bisweilen auch bis ins Innere des Edelsteins vordringen und die Hohlräume sowie Risse auffüllen. Vor allem Zedernholzöl hat sich bei dieser Behandlung bewährt, weil das Öl einen mit Smaragd vergleichbaren Brechungsindex aufweist, sodass die Füllung farblich nicht zu erkennen ist; der Stein im Gesamten aber reiner und farbintensiver wirkt.
Entstehung und Verbreitung von Beryll
Beryll sind sowohl Bestandteil magmatischer Gesteine mit saurem Chemismus als auch in hydrothermalen Gängen zu finden. Die Kristalle sind mitunter von beachtlicher Größe, da das Mineral aufgrund der geringen Größe des Beryllium-Atoms im Zuge vorhergehender Kristallisationsvorgänge der silikatischen Ausgangsschmelze nicht in andere Silikate eingebaut werden konnte und erst in der Restschmelze Zeit fand, auszukristallisieren.
Zudem kann Beryll in feinkörnigen Sedimenten und in metamorphen Gesteinen vorhanden sein.
Die Liste der Mineralien, die zusammen mit den einzelnen Beryll-Varietäten zu finden sind, ist lang und enthält unter anderem Quarz, Topas, Rubellit und Verdelith/Turmalin und Chrysoberyll auch Rutil, Kassiterit, Feldspat und Phenakit.
Nennenswerte Beryll-Vorkommen befinden sich u.a. in Norwegen; Schweden; Finnland; Russland; Schottland; England; Frankreich; Löbau, Altenberg, Ehrenfriedersdorf, Johanngeorgenstadt, Wunsiedel, Tröstau, Hagendorf, Wendelberg, Odenwald und Haslach/Deutschland; Tavetsch, Wallis und Tessin/Schweiz; Zamser Grund, Hohe Tauern, Moschkogel, Wachau, Mühlviertel und Waldviertel/Österreich; Spanien; Portugal; Italien; Iserwiese/Tschechien; Slowakei; Serbien; Ukraine; Nigeria; Niger; Elfenbeinküste; Kongo; Ruanda; Kenia; Namibia; Madagaskar; Südafrika; Afghanistan; Pakistan; Kasachstan; Mongolei; China; Myanmar; Australien; Neuseeland; Argentinien; Brasilien; USA und Kanada.
Verwendung und Bedeutung von Beryll
Beryll wird neben der Gewinnung von Beryllium vor allem als Schmuckstein verwendet.
Beryll und Schmuck
Während Aquamarin und Smaragd als klassische Edelsteine bereits seit Jahrhunderten zu Schmuck verarbeitet werden, sind Goldberyll, Roter Beryll, Morganit und Goshenit vergleichsweise neu in der Schmuckbranche – u.a. zurückzuführen auf den Zeitpunkt der Entdeckung wie Morganit im Jahr 1910. Die anderen Berylle werden weniger genutzt, bedingt durch die relativ seltenen Vorkommen.
Ebenso abwechslungsreich wie die Farben der Berylle sind, ist auch die Auswahl der Schliffe, die sich bei Beryll wiederfinden – allerdings bestimmt der Stein den Schliff bzw. dessen Transparenz.Trüber Beryll wird mit Glattschliffen wie dem Cabochonschliff versehen, um die Farbe des Minerals zu betonen.
Kristallklarer Beryll wird im Facettenschliff gehalten, u.a. Ovalschliff, Smaragdschliff, Baguetteschliff, Trilliantschliff, Marquiseschliff/Navette, Kissenschliff, Tropfenschliff, Princess-Schliff oder Herzschliff.
Und auch hier gibt es Einschränkungen, da nicht jede Beryll-Varietät für jeden Schliff prädestiniert ist. Der Smaragdschliff (engl. Emerald Cut) wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts eigens für Smaragde kreiert. Da der Stein beim Schleifen, wo ein nicht unerheblicher Druck ausgeübt wird, zum Splittern und Zerbersten neigt, hat man mit dem rechteckigen Smaragdschliff einen Schliff erfunden, bei dem sich der Druck in Grenzen hält, die Farbe trotz der minimalistischen Facetten dennoch optimal betont wird.
Nachweis von Beryll
Nicht alle Beryll-Vertreter fluoreszieren oder sind pleochroitisch. Lediglich Morganit zeigt eine violette Fluoreszenz, Goldberyll fluoresziert leuchtend hellgelb, Heliodor zeigt gelb-grüne Effekte.
Beryll ist schwer schmelzbar und wird lediglich in Fluss- und Oxalsäure angelöst.
Auch interessant:
- Farbedelsteine und die Bewertung der Qualität von Farbedelsteinen
- Die deutsche Edelsteinstraße
- Imprägnieren von Edelsteinen mit Harz, Wachs und Paraffin
Quellen:
- De Boodt, Anselmus (1609): De Beryllo. IN: Gemmarum et Lapidum Historia
- Enceli, C. (1698): Vom Beryll. IN: Corpus Iuris & Systema rerum Metallicarum
- Schröter, J. S. (1779): Beryll, Aquamarin, Beryllus. IN: Lithologisches Real- und Verballexikon, in welchem nicht nur die Synonymien der deutschen, lateinischen, französischen und holländischen Sprachen angeführt und erläutert, sondern auch alle Steine und Versteinerungen ausführlich beschrieben werden von Johann Samuel Schröter
- Lenz, J. G. (1794): Beryll. IN: Versuch einer vollständigen Anleitung zur Kenntniss der Mineralien
- Karten, D. L. G: (1798): Beryll. IN: A Description of the Minerals in the Leskean Museum
- Blumenbach, J. F. (1802): Beryll. Aquamarin. IN: D. Joh. Fr. Blumenbach's Prof. zu Göttingen und Königl. Großbrit. Hofraths Handbuch der Naturgeschichte
- Zappe, J. R. (1817): Beryll (Beryllus). IN: Mineralogisches Hand-Lexicon oder: Alphabetische Aufstellung und Beschreibung aller bisher bekannten Fossilien, nach ihrer alten und neuen Nomenklatur und Charakteristik, nach ihrem geognostischen Vorkommen und technische-ökonomischen Gebrauche sammt nöthigen und nützlichen Kunstwörtern · Bände 1 – 3
- Kleefeld, W. (1877): Der Beryll. IN: Die Edelsteine
- Seubert, K. (1883): Beryll. IN: Handbuch der Allgemeinen Warenkunde für das Selbststudium wie für den öffentlichen Unterricht von Karl Seubert und Moritz
- Bauer, M. (1896): Beryll. IN: Edelsteinkunde.Eine allgemein verständliche Darstellung der Eigenschaften, des Vorkommens und der Verwendung der Edelsteine, nebst einer Anleitung zur Bestimmung derselben für Mineralogen, Steinschleifer, Juweliere, etc · Band 1
- Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
- Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
- Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
- Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
- Schumann, W. (2017): Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
- Hochleitner, R. (2017): Welcher Stein ist das? Kosmos-Naturführer. Über 350 Mineralien, Edelsteine und Gesteine. Franckh Kosmos Verlag
- www.mindat.org - Beryl
Autor: Torsten Purle (steine-und-minerale.de)
Letzte Aktualisierung: 19.05.2024